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Unwirksame Widerrufsbelehrungen in Verbraucherkreditverträgen - der sogenannte „Widerrufsjoker“

Verbraucher, die in den vergangenen Jahren einen Kreditvertrag geschlossen haben, tun anlässlich des aktuell historisch niedrigen Zinsniveaus gut daran, einen Blick in die ihnen vom Kreditinstitut bei Vertragsunterzeichnung vorgelegte Widerrufsbelehrung zu werfen. Denn vielfach genügen die von den Banken verwendeten Widerrufsbelehrungen nicht den Anforderungen, die von Gesetzgeber und Rechtsprechung gestellt werden. Betroffen sind vor allem Verträge, die zwischen November 2002 und 2010 abgeschlossen wurden.

So ist in den vergangenen Jahren geradezu eine Fülle an höchstrichterlicher Rechtsprechung zu der Frage ergangen, wie eine wirksame Widerrufsbelehrung auszusehen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes muss der Kunde insbesondere eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist aufgeklärt werden. Der Verbraucher wird jedoch bei den von den Kreditinstituten verwendeten Erklärungen oftmals im Unklaren darüber gelassen, unter welchen Voraussetzungen die Frist zu laufen beginnt.

Dies gilt teilweise selbst dann, wenn das Kreditinstitut eine vom Gesetzgeber vorgegebene Mustererklärung verwendet hat. Der Bundesgerichtshof hat hierzu wiederholt ausgeführt, dass sich ein Unternehmer auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. von vornherein nur dann berufen kann, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Das ist oftmals nicht der Fall.

Wurde vom Kreditinstitut eine unzureichende Widerrufsbelehrung verwendet, hat dies zur Folge, dass der Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt wurde und dem Verbraucher mitunter auch noch Jahre nach Vertragsunterzeichnung das Recht zusteht, den Darlehensvertrag zu widerrufen.

Erklärt der Kunden den Widerruf, ist er verpflichtet, den Darlehensbetrag verzinst mit dem vereinbarten Sollzinssatz an das Kreditinstitut zurückzuzahlen. Das Kreditinstitut hat seinerseits die erbrachten Leistungen ebenfalls verzinst zurückzuerstatten. Bei Banken besteht dabei nach der Rechtsprechung eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Nutzungen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus den erhaltenen Zahlungen gezogen haben.

In der Praxis führt dies regelmäßig dazu, dass nach erklärtem Widerruf der Kreditvertrag im Wege einer Anschlussfinanzierung abgelöst werden kann. Der Verbraucher kommt so ohne Vorfälligkeitsentschädigung in den Genuss der aktuell in der Regel deutlich niedrigeren Schuldzinsen und hat zugleich die Möglichkeit, im Wege der Anschlussfinanzierung eine neue Kreditlaufzeit zu vereinbaren. Zugleich erhält er die von der Bank gezogenen Nutzungen erstattet.

Vorsicht ist gleichwohl geboten: Zum einen bedarf die Frage der Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung einer genauen rechtlichen Überprüfung. Die wenigsten Erklärungen sind inhaltsgleich, die Formulierungen unterscheiden sich oft nur in Feinheiten. Zum anderen sollte der Widerruf nicht erklärt werden, bevor eine Anschlussfinanzierung verbindlich zugesagt ist. Denn nach erklärtem Widerruf ist der Darlehensbetrag vom Kreditnehmer binnen 30 Tagen an das Kreditinstitut zurückzuzahlen.

Der Widerruf ist übrigens sogar nach vollständiger Abwicklung des Darlehensvertrages noch möglich, also auch, nachdem der Darlehensbetrag bereits vollständig zurückbezahlt ist. In diesem Fall hat das Kreditinstitut die gezogenen Nutzungen aus den vom Kunden geleisteten Zinszahlungen zu erstatten. Wie lange nach Rückzahlung des Darlehens der Widerruf dabei noch möglich ist, ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt. Zwar unterliegt das Widerrufsrecht hier der Grenze der Verwirkung. Wann diese erreicht, ist bislang aber in der Rechtsprechung nicht abschließend entschieden.

Ein Blick in den Darlehensvertrag kann sich also lohnen. Wenn Sie eine Überprüfung wünschen, ob auch Ihr Darlehensvertrag betroffen ist, vereinbaren Sie gerne einen Besprechungstermin in unserer Kanzlei.